Brita Guth-Bodmann

Hier erfährst du, warum Krabbeln für dein Kind wichtig ist und du ihm dafür viel Zeit lassen solltest!

Kennst du das: Die Oma kommt zu Besuch und führt dein Kind an den Händen durch die Wohnung? Das gefällt ihm und es fordert das auch von dir ein: es nimmt deine Finger, zieht sich daran hoch und schon läufst du in gekrümmter Haltung hinter deinem Kind her.

Macht das Sinn? NEIN.

Ist das notwendig? NEIN.

Macht es dein Kind auf längere Sicht glücklich? NEIN.

Lernt dein Kind dadurch früher Gehen? Vielleicht. Ist das sinnvoll? NEIN.

Warum sollte dein Kind so lange wie möglich krabbeln?

Weil….

  • es beim Krabbeln seine Körperwahrnehmung und seine Geschicklichkeit aktiv erweitert,
  • es beim Krabbeln lernt, wie es seine Bewegungen im Raum steuern kann,
  • es beim Krabbeln seine Rumpfmuskulatur optimal für den aufrechten Gang vorbereitet und Haltungsschäden vorbeugt,
  • es beim Krabbeln sein Gleichgewicht ausbildet und es beim Gehen bzw. Fallen reaktionsbereit macht,
  • es beim Krabbeln ein Bild von sich selbst als aktives und selbstständiges Individuum aufbaut.

Auch Kinderphysiotherapeut*innen sehen das so, weil sie mit problematischen Auswirkungen zu tun haben, die sich durch eine fehlende Periode des Krabbelns ergeben können. Nachzulesen beispielsweise hier: https://www.kinderphysio-verena.at/warum-krabbeln-wichtig-ist/

Der Säugling erlernt im Laufe seiner Bewegungsentwicklung nicht nur sich auf den Bauch zu drehen, nicht nur das Rollen, Kriechen, Sitzen, Stehen oder Gehen, sondern er lernt auch das Lernen. Er lernt Schwierigkeiten zu überwinden. Er lernt die Freude und Zufriedenheit kennen, die der Erfolg – das Resultat seiner geduldigen selbständigen Ausdauer – bedeutet.

Emmi Pikler

Die bekannte Kinderärztin Emmi Pikler beobachtete mehr als 4 Jahrzehnte lang Kleinkinder in ihrer Spiel- und Bewegungsentwicklung. Sie fand heraus, dass jeder Entwicklungsschritt durch vielfältige Vorübungen von Seiten des Kindes selbstständig erarbeitet wird. Daher sollte man in die Bewegungsentwicklung nicht eingreifen, indem man Kinder zum Beispiel hinsetzt, bevor sie selbst zum Sitzen kommen oder sie an den Händen führen, bevor sie selbst gehen können!

Kleiner Junge im Skianzug macht seine ersten freien Schritte

Noah hat seine ersten freien Schritte erst mit 18 Monaten unternommen

ZEIT LASSEN!

Ich finde, es zahlt sich aus zu warten. Manche Kinder brauchen etwas länger, bis sie ihre ersten freien Geh-Versuche starten. Aber die Zeit, in der sie sich krabbelnd fortbewegen ist sowohl für ihre Sicherheit beim Gehen als auch für ihre Persönlichkeit sehr wertvoll.

Sich Zeit zu lassen für die jeweiligen Entwicklungsschritte hat großes Potenzial!

Die Erwachsenen haben die wichtige Aufgabe, die Umgebung für die Kinder so zu gestalten, dass sie ihre Versuche eigenständig unternehmen können. Direkte Förderung und aktive Hilfestellungen stören oder verhindern gar eine aktive Auseinandersetzung des Kindes mit den nächsten Entwicklungsschritten.

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Afrikanisches Sprichwort

Eine Fotosierie aus 4 zusammenhängenden Bildern. Ein Kleinkind, das auf dem Pikler-Labyrinth oder Kriechtunnel aus Holz klettert.

Lassen wir den Kindern ZEIT und vielfältige MÖGLICHKEITEN, um sich und ihre motorischen Fähigkeiten aus EIGENINITIATIVE heraus weiterzuentwickeln!!

Weitere Informationen über dieses und andere Themen der freien Spiel- und Bewegungsentwicklung im Sinne Emmi Piklers erfährst du in meinen anderen Blog-Beiträgen, in Workshops und im Pikler-SpielRaum!